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Sichtlich erschöpft liegt die Muttersau im Stall auf einem Berg Stroh, im Hintergrund wuseln ihre Ferkel durch die Gegend, bis es eines davon schließlich schafft, auf sie hinaufzuklettern – bevor es unbeholfen wieder ins Stroh purzelt. So beginnt GUNDA – ein Film, der uns mit eindrucksvollen und bewegenden schwarz-weiß Bildern Einblick in das Leben von “Nutz”tieren gewährt und uns die Welt aus ihrer Perspektive wahrnehmen lässt. Es handelt sich um einen Dokumentarfilm, der uns auf eine 93-minütige Reise mitnimmt, um uns den Alltag und die Wirklichkeit von “Nutz”tieren näherzubringen. Das schafft er, ganz ohne dass Menschen ins Bild gerückt werden – die Protagonisten sind ausschließlich Gunda und ihre Ferkel, eine Gruppe Hühner und eine Herde Rinder. Ohne erhobenen Zeigefinger oder Schauerbilder von Schlachtungen und Folter zu zeigen, vermittelt der Film Verständnis und Mitgefühl für die von uns nur als Nutztiere bezeichneten Lebewesen. In GUNDA werden die titelgebende Muttersau und ihre quicklebendigen Ferkel von deren Geburt an bis zum Abschied auf ihren Wegen über das Gelände eines Bauernhofes begleitet, auf dem sie sich artgemäß bewegen können, wo sie toben, spielen, sich im Schlamm suhlen, die Natur erkunden und einfach in Ruhe aufwachsen können. Außerdem ist die Kamera dabei, wenn ehemalige Legehennen ihre ersten Schritte auf Gras tun und eine Herde Rinder aus der Stallhaltung in die Freiheit des Bauernhofgeländes entlassen wird.
Victor Kossakovsky hat auf einem Bauernhof in Dänemark gedreht, man könnte meinen, es wäre ein Paradies für die Tiere. Aber das würde zu den Realitäten der Schlachthöfe eine naive Gegenwelt entwerfen. Unwillkürlich sieht man die Tiere wie menschliche Wesen, also als beseelt. Man sieht aber auch die Differenz.
Der Regisseur aus der Sowjetunion lebt seit frühester Kindheit vegetarisch. Auf der Berlinale 2020 feierte „Gunda“ in der Sektion seine Weltpremiere. Oscar-Preisträger Joaquin Phoenix („Joker“), selbst vegan lebend, beteiligte sich als ausführender Produzent.